Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Schwerpunktthema: Schutz vor Stolpern, Rutschen, Stürzen

Einen kurzen Moment nicht aufgepasst und die Folgen können schmerzhaft sein: Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle geschehen vielfach und verursachen oft schwerere Verletzungen als allgemein angenommen. Die meist unscheinbaren Ursachen sind häufig in einer mangelhaften betrieblichen Organisation begründet. Dabei kann ihnen mit gezielten Maßnahmen wirkungsvoll begegnet werden.

Laut Bericht der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zum Arbeitsunfallgeschehen gab es im Jahr 2021 mehr als 172.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit Stolpern, Rutschen und Stürzen (SRS). Das sind mehr als 23 Prozent aller meldepflichtigen Arbeitsunfälle – SRS stellt damit einen Schwerpunkt für Unfälle bei betrieblichen Tätigkeiten dar.

Die Verletzungen sind vielfältig: Sie reichen vom harmlosen blauen Fleck bis zu komplizierten Knochenbrüchen. Typische Folgen sind Zerrungen, Verstauchungen, Prellungen oder Brüche, beispielsweise an Knöchel, Fuß, Kniegelenk oder Unterschenkel.

BGHM-Magazin 2023-01: Schutz vor Stolpern, Rutschen, Stürzen; © BGHM

Derartige Verletzungen können schwerwiegende Auswirkungen haben: So gab es auch im Jahr 2021 branchenübergreifend wieder fast 2.700 neue Unfallrenten, die letztlich auf einen Stolper-, Rutsch- oder Sturzunfall zurückzuführen waren. Das bedeutet, dass SRS-Unfälle immer wieder zu bleibenden Gesundheitsschäden oder dauerhaften Einschränkungen der Beweglichkeit führen und Betroffene zumindest längere Zeit nicht arbeiten können.

Zu welchen Gefährdungen kommt es?

Eine Rutschgefahr liegt beispielsweise vor, wenn die Rutschhemmung der Fußbodenoberfläche zu gering ist oder der Bodenbelag verrutscht. Oft tritt sie auch bei verunreinigten Böden auf, beispielsweise durch Ölflecke oder Kühlschmierstoffe. Stolperstellen wiederum sind Änderungen der Oberfläche des Fußbodens, durch die die Sturzgefahr erhöht ist. Sie entstehen zum Beispiel durch Höhenunterschiede, die an Absätzen oder durch Unebenheiten auftreten. Unter ebenen Bedingungen in Räumen gelten laut Technischer Regel für Arbeitsstätten ASR A1.5 „Fußböden“ bereits Höhenunterschiede von mehr als 4 mm als Stolperstelle. Auch bei Spaltenbreiten von mehr als 20 mm im Fußboden sowie bei der Verwendung von Rosten mit einer Maschenteilung von mehr als 35 mm x 51 mm liegen Stolperstellen vor.

Vertiefungen wie Löcher, Dellen und nicht abgedeckte Rinnen führen in der Regel zu Stolper- oder Umknickgefahren. Wenn sich in diesen Vertiefungen Flüssigkeiten ansammeln, kommt auch noch die Rutschgefahr hinzu.

Was sind die Ursachen?

Die Ursachen für Stolpern, Rutschen und Stürzen liegen oft nur in Kleinigkeiten, wie Hindernisse im Weg, Gehen auf glattem Untergrund oder nicht abgedeckte Öffnungen im Fußboden. Unter Zeitdruck und Stress ist die Wahrnehmung eingeschränkt und die Konzentration lässt nach. Das Risiko steigt, Stolperfallen zu übersehen oder auf rutschigen Böden auszugleiten. Dabei kann hier, wie so oft im Arbeitsschutz, grundsätzlich in drei Kategorien unterschieden werden, die zu SRS-Unfällen führen können:

  • Technische Ursachen
  • Organisatorische Ursachen
  • Personen- und verhaltensbezogene Ursachen
W007 Warnung vor Hindernissen am Boden; BGHM

Technische Ursachen, die zu SRS-Unfällen führen können, sind beispielsweise:

  • schadhafte oder nicht ausreichend rutschhemmende Fußböden, zum Beispiel besonders glatte Bodenbeläge
  • unebene Arbeitsplätze und Verkehrswege, zum Beispiel Schwellen oder aus dem Boden herausragende Teile
  • fehlende Bodenabdeckungen, beispielsweise an Kabelschächten auf Baustellen
  • fehlende Handläufe an Treppen
  • ungleich hohe Treppenstufen, zum Beispiel alte, ausgetretene oder beschädigte Stufen
  • unzureichende, nicht blendfreie Beleuchtung, zum Beispiel auf Treppen, in Fluren oder Abstellräumen

Zu den organisatorischen Ursachen gehören:

  • unsachgemäße Reinigung des Fußbodens, zum Beispiel Reinigungsmittelreste auf dem Boden
  • fehlende Reinigung, zum Beispiel Öl auf dem Boden, das nicht umgehend entfernt wird
  • fehlende Unterweisung zu Stolper-, Rutsch- und Sturzgefahren
  • fehlende Kennzeichnung von Rutschgefahren, beispielsweise bei nassen Fußböden nach der Reinigung
  • mangelhafte Kennzeichnung von Verkehrswegen, Ausgleichsstufen und ähnlichem
  • ein Arbeitsablauf, der Eile, Hektik, Stress begünstigt

Personen- und verhaltensbezogene Gründe, die zu SRS-Unfällen führen können, sind:

  • ungeeignetes Schuhwerk, zum Beispiel Schuhe mit hohem Absatz oder ohne rutschhemmende Sohle
  • eingeschränkte oder fehlende Sicht, wenn eine Last getragen wird
  • Verschmutzungen oder Hindernisse, die nicht beseitigt wurden, beispielsweise provisorisch verlegte Kabel oder herumliegendes Werkzeug
  • mangelnde Aufmerksamkeit beim Gehen, zum Beispiel wenn Smartphones benutzt werden
  • Einfluss von Alkohol, Tabletten oder Drogen

Welche Maßnahmen wirken?

Grundsätzlich hat es sich bewährt, an den technischen, organisatorischen und verhaltensbezogenen Ursachen anzusetzen und hier mit entsprechenden Maßnahmen entgegenzuwirken. Ein wichtiges Element dabei ist die Gestaltung von Fußböden.

Gestaltung von Fußböden

Fußböden in Räumen dürfen keine Unebenheiten, Vertiefungen, Stolperstellen oder gefährlichen Schrägen aufweisen. Sie müssen tragfähig, trittsicher und rutschhemmend sein und gegen Verrutschen oder Kippen gesichert sein – dies ist beispielsweise bei Abdeckungen relevant.

In bestimmten Arbeitsräumen und -bereichen liegt eine erhöhte Rutschgefahr vor, da mit gleitfördernden Stoffen umgegangen wird. Hier müssen bestimmte rutschhemmende Bodenbeläge eingesetzt werden. Das können, je nach Anforderung, feinraue, raue oder profilierte Bodenbeläge sein.

Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.5/1,2 „Fußböden“ legt in Anhang 2 Anforderungen an die Rutschhemmung von Fußböden für spezifische Arbeitsbereiche fest. Dabei wird der Bodenbelag in eine von fünf Bewertungsgruppen eingeordnet. Die Bewertungsgruppe dient als Maßstab für den Grad der Rutschhemmung, wobei die Bodenbeläge mit der Bewertungsgruppe R 9 den geringsten und die mit Bewertungsgruppe R 13 den höchsten Anforderungen an die Rutschhemmung genügen.

Fußbodenstellen, an denen sich die Stolper- oder Rutschgefahr technisch nicht vermeiden lässt, müssen entsprechend der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR 1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“ gekennzeichnet werden. Flüssigkeiten, die in sogenannter fließfähiger Menge auf den Fußboden gelangen, müssen abfließen können. In Bereichen, die durch Eingänge direkt aus dem Freien betreten werden und in die von außen Feuchtigkeit gelangen kann, sollten großflächige Schmutz- und Feuchtigkeitsaufnehmer zur Verfügung stehen, zum Beispiel Abstreifmatten.

Organisatorische und persönliche Maßnahmen

Grundsätzlich sollten Beschäftigte nur gekennzeichnete Verkehrswege und Übergänge in andere Arbeitsbereiche benutzen. Wege müssen zudem von Hindernissen freigehalten werden.

Verbleiben Stolperstellen, sind diese zu kennzeichnen. Verkehrswege und Arbeitsflächen müssen trittsicher und unverstellt sein. Schadhafter Bodenbelag sollte schnellstmöglich ausgebessert, Stolperstellen und Verschmutzungen sollten sofort beseitigt werden. Um eine Rutschgefahr zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Boden-Reinigung und -Pflege in einer Zeit durchzuführen, in der wenig Betrieb ist. Feucht gereinigte Bereiche müssen mit dem Warnzeichen W28 „Warnung vor Rutschgefahr“ gekennzeichnet werden.

Beschäftigte sollten zudem geeignete Schuhe tragen, beispielsweise Arbeits-, Schutz- oder Sicherheitsschuhe. Wenn höher gelegene Arbeitsplätze erreicht werden sollen, sind geeignete Leitern und Tritte zu verwenden. Gerade in der dunkleren Jahreszeit ist es wichtig, bei Dämmerung oder Dunkelheit rechtzeitig die Beleuchtung einzuschalten.

Grundsätzlich hat sich bewährt, beim Treppengehen den Handlauf zu nutzen: Wer stolpert, erlangt so schneller das Gleichgewicht wieder. Außerdem sollte dabei auf die Nutzung des Smartphones verzichtet werden und vor allem sollten keine Nachrichten gelesen oder geschrieben werden. Generell gilt es, Hektik und Ablenkung zu vermeiden, denn eine damit zusammenhängende Unaufmerksamkeit kann schnell zum Unfall führen.

Besondere Maßnahmen im Winter

Gerade im Winter liegen in Außenbereichen besondere Gefahren durch Eis und Schnee vor. Um Unfällen vorzubeugen, müssen die Verkehrswege rechtzeitig vom Schnee geräumt und es muss gestreut werden. Für einen sicheren Halt beim Gehen sind vor allem Schuhe mit rutschfesten Profilsohlen geeignet. Außerdem sollte grundsätzlich – und im Winter verstärkt – genügend Zeit für den Arbeitsweg eingeplant werden.

Besonders nach einem sehr kalten Winter treten Schäden auf Wegen auf, die so bald wie möglich behoben werden müssen. Lose Platten und ausgebrochene Treppenstufen müssen instandgesetzt werden, hochstehende Roste sind zu richten oder auszutauschen.

Stephan Mrosek, BGHM

Präventionsprogramm für Auszubildende

Im Berufsschuljahr 2022/23 ist der Schutz vor Stolpern, Rutschen, Stürzen das Thema des Präventionsprogramms „Jugend will sich-er-leben“ (JWSL). Als Teil des Programms bieten die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
den Berufsschulen ein Medienpaket an, mit dem sie die Unfallprävention im Unterricht thematisieren können. Für Ausbilderinnen und Ausbilder steht ein Unterweisungskonzept zur Verfügung, das sie für die Arbeit mit Auszubildenden nutzen können. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen tragen so dazu bei, Auszubildende schon früh für den Arbeitsschutz zu sensibilisieren.

Weitere Infos unter www.jwsl.de